Donnerstag, 27. November 2014

Ürümqi - Entspanntes Reisen sieht anders aus

Die Unterführung des Bahnhofs Urumchi (China) ist gross, jedoch Menschenleer. Ich bin soeben mit dem Zug nach 32 Stunden Fahrt aus Almaty angekommen. Eigentlich sind es nur rund 1'400 km Distanz, doch trennen diese Städte Welten.
Ich erreiche das Ende der Unterführung und mir ist im ersten Moment nicht ganz klar wie ich die Situation auf dem Bahnhofplatz einschätzen soll. Zuerst höre ich durch Megaphone ein Stimmenwirrwarr, dann sehen ich, dass der Bahnhofplatz abgeriegelt und von der Polizei umstellt ist. In der Mitte des Platzes stehen ein Dutzend Polizisten mit Sturmhaube, Helm und Maschinenpistolen, welche mir per Handzeichen deuten, auf welche Seite ich den Platz zu verlassen habe.

Jetzt erst realisiere ich, dass das Stimmenwirrwarr von Händler neben dem Platz stammt. Sie versuchen ihre Konkurrenz zu übertönen und allfällige Kunden in ihr Geschäft zu locken. Und die Polizei? Das ist leider der normale Wahnsinn in Urumchi!
Die Stadt ist in den letzten Jahren vermehrt Ziel von verschiedenen Terroranschlägen durch militante, uigurischer Gruppen geworden. Zuletzt im April 2014 tötete eine Bombe im Bahnhof Urumchi und im Mai 2014 auf einem belebten Markt, mindestens 34 Menschen und verletzte Hunderte zum Teil schwer.
Ich komme ins Hotel und muss einen Metaldetektor durschreiten. Nebenbei stehen 2 Polizisten, welche abkommandiert wurden, das Hotel gegen Angreifer zu schützen.

Herzlich willkommen in Urumchi – entspanntes Reisen sieht anders aus...

Ankunft am Bahnhof Ürümqi

China - laut...

...und exotisch.



- 6 Grad..

Einfahrt in den Bahnhof Ürümqi


Dienstag, 25. November 2014

Ich renne und weiss nicht warum...

Eigentlich habe ich vor keine Grenzübertritt Geschichten mehr zu schreiben. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt...

Ich sitze im direkten Zug von Almaty nach Urumqi. Der Zug ist sehr spärlich besetzt und ich habe wieder ein Abteil für mich. Ich habe zwar etwas Obst, Kaviar und einen Liter Wasser als Proviant dabei, habe aber gehofft, dass es einen Speisewagen gibt, was jedoch leider nicht der Fall ist.
In Aktogay (Kasachstan) habe ich jedoch die Möglichkeit, bei -20 Grad Aussentemperatur, meine Vorräte etwas aufzufüllen.

Um 17.00 Uhr am Folgetag kommen wir in an die Kasachisch/Chinesische Grenze. Viel habe ich bereits gelesen über die Schikanen der chinesischen Grenzbeamten und den Problemen welche sie Touristen bereiten können. Doch soweit sind wir noch nicht – zu erst ist der kasachischen Zoll an der Reihe. Ein Zollbeamter verlangt meinen Pass und mustert ihn genau. Er spricht kein englisch deutet mir jedoch an, dass ich ihn begleiten soll. Warum ist mit nicht klar. Wir steigen aus dem Zug, wo uns eine eisige Brise fast wegweht und gehen in das Bahnhofsgebäude in ein Büro. Seine Kollegin erklärt mir in gebrochenem Englisch, dass ich mich nach 5 Tagen Aufenthalt in Kasachstan registrieren lassen muss. Da heute aber bereits der 6. Tag in Kasachstan ist, müsse ich eine Strafe von 18'500 Tenge, umgerechnet ca. 85€, bezahlen müsse.
Plötzlich zupft mich der männliche Zöllner am Ärmel und fordert mich auf ihn zu begleiten. Wir verlassen das Bahnhofsgebäude und er beginnt zu rennen. Ich renne mit ihm mit. Ich weiss zwar nicht wieso, aber ich renne. Kläffende Hunde begleiten uns durch dieses staubige kleine Nest und ich habe Angst von einem gebissen zu werden. Genau das würde mir jetzt noch fehlen – ein Hundebiss an der kasachisch/chinesischen Grenze.
Wir betreten ein Holzhaus, in dem offenbar eine improvisierte Bank ist. Das ist also der Grund wieso wir gerannt sind – die Bank schliesst demnächst. Ich kann den Betrag scheinbar nicht direkt beim Beamten bezahlen, sondern muss ihn auf der Bank einbezahlen. Ich habe nur noch 15'000 Tenge im Geldbeutel. Der pflichtbewusste Polizist schiesst mir 3'500 Tenge vor, welche ich ihm später in Form von 'Dollar Amerikanski' zurückgebe.
Anschliessend gehen wir wieder zurück in Richtung Bahnhof , steuern aber vorher in ein anderes Gebäude und er stellt mich seinem Chef vor. Der Boss offenbart mir seine spärlichen Deutschkenntnisse „Eins, zwei, drei, vier, fünf...Hitler ist tot“. Ja der gute, alte 'Dölf' scheint hier in Kasachstan wirklich ein Begriff zu sein. Dannach folgt eine Menge Papierkram und ich kann dem Zug wieder zusteigen.

Durch diese ganze Kontrolliererei erhält der Zug eine Stunde Verspätung und ich habe ein schlechtes Gewissen den anderen Reisenden gegenüber.
Doch noch ist nicht fertig kontrolliert, denn mein Gepäck steht noch an. Es wird mir befohlen alles aus meinem Rucksack auszupacken und jede Unterhose umzudrehen. Meine Fotos und Videos der Reise werden mit Argusaugen begutachtet und ich muss ein Messer, welches ich dabei habe abgeben – ich werde es nicht mehr zurück erhalten. Das ganze Prozedere dauert nochmals eine halbe Stunde, bis dann der Zug endlich in Richtung China losfährt.
Und der chinesische Zoll? Die interessierts nur ob ich allenfalls Karten oder Reiseführer dabei habe, bei welchen die Grenzen Chinas in Konfliktregionen nicht zu ihren Ungunsten eingezeichnet sind. Ansonsten wünschen sie mir einen schönen Aufenthalt ich China und verabschieden sich freundlich...

Chaos nach der Gepäckkontrolle

Meine erste Suppe in China ist...eine Instant Noodle Soupe..


Schwabenland Almaty und Heil Hitler


Almaty ist einer dieser typischen Oststädte, bei welcher sich die Stadtplaner auf die Fahne geschrieben haben, mit der Zeit ein Klein-München oder Klein-Florenz zu erschaffen. Strassen werden geschlossen, Fussgängerzonen und Flaniermeilen errichtet. Dass diese Städte dadurch ihren ursprünglichen Charme und Identität verlieren, ist dabei nicht von Bedeutung. Ergänzt von dieser Entwicklung wird das Ganze mit pseudonationalen Denkmälern, von welchen Almaty übersäht ist.


In Almaty gut kasachisch essen zu gehen, ist mittlerweilen auch gar nicht mehr ganz so einfach. Pizza, Burger und co. haben auch hier schon längst die Küchen erobert. Es entstehen schottische oder schwäbisches Themen-Restaurants in welchen die Angestellten, in selber gestalteten Trachten, den Einheimischen etwas das Gefühl geben westlich zu sein – zumindest kulinarisch.

Ich kann es den Menschen aber nicht verübeln, dass sie sich nach Jahren des Sowjetregimes nach etwas Anderem sehnen und den alten Genossenfilz ablegen wollen. Deshalb steht, alles was mit dem Ausland, zu tun hat hoch im Kurs. Vor allem Deutschland hat es den Kasachen angetan. So werde ich in einem „schwäbischen“ Restaurant von einer Gruppe Kasachen mit 'Heil Hitler' und gestrecktem Arm verabschiedet, nachdem sie erfahren haben, woher ich komme und welche Sprache ich spreche. Oder Michael, ein älterer Taxifahrer, schwört auf alles Deutsche. „Franzosen, Engländer oder die Amerikanski – alles pfui, erklärt er in gebrochenem Deutsch und spuckt dabei fiktiv auf den Boden seines alten Autos! Er beginnt Loblieder auf den Führer zu anzustimmen und beschimpft eine muslimische Frau mit ihren Kinder, welche kurz vor dem Taxi die Strasse überquert, als eine Ziege mit ihren Ziegenkinder. „Kasachen, Russen..alles Scheisse!“ und zieht an seinem fiktivem Abzug seiner fiktiven Pistole. Micheael und so mancher Bürger Kasachstan's leben in einer fiktiven Welt...

Die Armut lässt auch Aömaty nicht aus..
Kathedrale von Almaty
Polizist
Soldatendenkmal

Kriegsdenkmal

...und ein weiterer Palast...

Samstag, 22. November 2014

(Video) Russische Musik im Speisewagen zwischen Moskau und Almaty


Zuggeschichten

Reges Treiben herrscht im Bahnhof Aktöbe (Kasachstan). Soeben ist der Zug Nr. 7, Moskau – Almaty, eingefahren. Viele Menschen verlassen den Zug und noch mehr steigen ihm zu. Bislang hatte ich viel Platz im Viererabteil. 2 Nächte habe ich alleine im Abteil verbracht – bei der Kommenden wird dies höchstwahrscheinlich nicht mehr so sein.

Ich verlasse den Zug um einige Fotos zu machen. Es ist bitter kalt draussen, -15 Grad! Nach ein paar Aufnahmen drängt mich die Kälte wieder zurück in den Zug. In 'meinem' Abteil haben sich bereits zwei junge Kasachen breit gemacht. Jirschan und Jokhan sind Semi-Profiboxer und hatten in Aktöbe je einen Kampf und dadurch ein wenig Geld verdient. Jetzt sind sie auf dem nach Hauseweg nach Chimkent, welches rund 24 Std. Zugfahrt von Aktöbe entfernt liegt. Dementsprechend gut ist ihre Stimmung. Aus ihren Handys dröhnen abwechslungsweise laute, kasachische Popsongs.
Hatte ich vorher allen Platz der Welt, habe ich jetzt dafür eine spannende Begleitung. Nicht nur in meinem Abteil läuft jetzt mehr, sondern auch im ganzen Zug. Aktöbe hat der Zugfahrt gut getan.

Der Treffpunkt ist, wie könnte es anders sein, der Speisewagen, in welchem jeden Abend ohrenbetäubend laute, russische Musik gespielt wird. Ich lerne Oskar, einen Anwalt mittleren Alters kennen.
Er will ein Whatsapp-Video mit mir aufnehmen. Er gibt mir genaue Anweisungen wie er sich das Ganze vorstellt. Also plappere ich meinen vorher bestimmten Text auf seine, in gebrochenen Deutsch, vorher festgelegte Frage los; „Piiter, wie findet Kasachstan?“ Piiter sagt völlig überraschend: „Kasachstan ist ein wunderschönes Land und die Menschen sind äusserst freundlich“ - Ich erhalte Bestnoten vom Regisseur.
Umgehend sendet er das Video an seine ganze Bekanntschaft. Prompt erhält er Antwort von seiner Frau, welche mich zum Essen und Übernachten bei ihnen einlädt, was sicherlich interessant wäre, aber leider aus Zeitgründen nicht im Plan liegt. Oskar zeigt mir noch ein paar Videos von seinem grossen Haus und seinem grossen, deutschen Schäferhund, welcher sein ganzer Stolz zu sein scheint. Anschliessend verschwindet er mit der Bemerkung, dass jetzt Gebetszeit sei.

Dann sind da noch Ashkat, Alexeij und Midhed. Ashkat fährt ebenfalls nach Almaty, um dort einen Sponsorenvertrag seiner Firma mit dem kasachischen Gewichtheberverbands abzuschliessen. Alexeij ist, nach seinen Angaben, Reserve-Kosmonaut im Weltraumbahnhof Baikonur gewesen und ist jetzt mit 44 Jahren pensioniert. Seit seiner Pension fehlt ihm aber eine Aufgabe und er trinkt zu viel. Hätte er nicht zu erwähnen brauchen – er kann sich kaum mehr auf den Beinen halten. Midhed ist ebenfalls betrunken. Die Mutter des 40 jährigen Agraringenieurs ist Tags zuvor verstorben und er ertrinkt seine Trauer in Wodka. Der arme Kerl lallt nur noch und wird deshalb, unverständlicherweise, von den Mitreisenden im Speisewagen nur belächelt.

Jirschan und Jokhan haben zwischenzeitlich, bei einem der wenigen Halte, eine grosse Menge geräucherten Fisch gekauft und diese im Abteil gelagert. Es riecht im Abteil wie auf einem Fischkutter und wir würden wahrscheinlich mühelos eine Lizenz als Fischmarkt erhalten.

Am nächstenTag sind Jirschan und Jokhan weg. Die Fische auch – der Duft jedoch bleibt. Ihre Plätze nehmen jetzt ein Vater/Sohn Gespann ein, welche in Chimkent an einer Hochzeit waren, wobei der Vater aussieht wie Dschingis Khan in Lederjacke.

Schnell ist auch diese Nacht vorüber und wir fahren in Almaty, der ehemaligen Hauptstadt Kasachstans, pünktlich ein. Mehr als die Hälfte der Reise liegt somit hinter mir...

- 15 Grad in Aktöbe







Aktöbe
Jokhan, Jirschan und der kleine Nursultan
Jirschan und Jokhan auf Fischsuche
Reges Treiben an den Bahnhöfen
Kole -wir sind dann doch noch Freunde geworden
Zug Nr. 7



Speisewagen





Freitag, 21. November 2014

"...do you like Bin Laden?"

Ein jugendlich wirkender Grenzpolizist in zivil setzt sich zu mir ins Abteil und lässt die Abteilstür weit offen. Er wirkt eher scheu und redet leise. Er fragt mich, wie lange ich in Russland war und wo ich in Moskau übernachtet habe. Warum ich alleine unterwegs bin und warum ich nach Kasachstan wolle.

Wir sind an der Grenze zwischen Russland und Kasachstan. 2 Stunden dauert die Zollabfertigung auf der russischen Seite bereits. Die reguläre Pass-/Zollkontrolle ist schon längst abgeschlossen. Nur ich werde noch vom Polizisten befragt. Im restlichen Wagen ist es still, alle versuchen etwas von unserem Gespräch zu erhaschen.

Er fragt mich nach meinen familiären Verhältnissen aus und wie ich dazu komme eine solche Reise per Zug zu machen, da der Flieger doch bequemer sei.

Dann ergreift er 2 meiner Bücher welche ich auf dem Ablegetischchen liegen habe. Zum einen einen russischen Sprachführer und zum andern 'Codename Geronimo', welches von der legendären Sondereinheit 'Seal Team 6' und der Osama Bin Laden's Elimenierung handelt.

„Aha, Bin Laden!“ räuspert der Beamte in hohem, jetzt in merklich lauterem, Ton. „ Do you like Bin Laden?“. Im Waggon ist es jetzt still wie stiller – ein vermeintlicher Terroristenfreund im Zug? Ich erkläre ihm, dass es hier nicht um das 'liken' von Bin Laden geht, sondern um die 'Special Force Amerikanski'. Er zeigt sich mit meiner Antwort zufrieden, insistiert jedoch betreffend meines Aufenthaltsgrund in Russland. Ich will ihm die Unterlagen meiner Reise zeigen. Zuoberst im Bund befindet sich die Reservation des Hostels welches ich für das Visum gebucht, später jedoch wieder annuliert habe. Da ich dem Polizisten im jugendlichen Leichtsinn den Namen des richtigen Hotels erwähnt habe, lasse ich die Reservierung gekonnt nach unten verschwinden.
Aus heiterem Himmel meint der Beamte „It was Pleasure for me“ und streckt mir seine Hand entgegen, welche ich mit meiner, leicht verschwitzten Hand, ergreife und sie kräftig drücke. Er steigt schnell aus dem Zug aus und ruft gleichzeitig etwas durch sein Funkgerät.

Sekunden später setzt sich der Zug sich in Bewegung. Jetzt bin ich in Kasachstan!

Mittwoch, 19. November 2014

Ungültiges Kasachstan-Visum oder will Kole Kohle?

Der Zug Nr. 7, Moskau – Almaty, steht im Bahnhof Moskau PAV, auf dem Gleis 7 zum Einstieg bereit.
Der Zug führt ca. 20 Waggon mit und zu jedem Waggon gehören 2-3 Reisezugbegleiter. So steht also eine halbe Kompanie an Zugbegleiter, mit ihren militärisch wirkenden Uniformen, vor dem Zug.
Auch bei meinem Waggon stehen zwei Uniformierte. Einer der Zugbegleiter verlangt von mir Fahrkarte und Pass. Er stellt sich mir als 'Kole', oder etwas in der Richtung vor. Nachdem er meinen Pass und das kasachische Visum gemustert hat, meint er trocken, dass das Visum nicht gültig sei. Ein Schreck durchfährt mich – was habe ich falsch gemacht? Etwa etwas mit dem Datum des Visas? Was mache ich nun-soll ich nach Almaty oder gleich nach Peking fliegen? Oder will Kole mich nur verarschen, damit Kole Kohle machen kann? Doch jetzt bemerke ich, dass mit Kole etwas nicht stimmt. Na klar, der Typ ist unter der Haube voll wie eine Haubitze. Aber sowas von sturzbetrunken. Sein Kollege nimmt sich meiner an und zeigt mir mein Abteil. Kole lässt nicht nach und folgt mir ebenfalls zum Abteil. Er stellt sich geschätzte 17 mal vor und redet russisch auf mich ein. Die Chefin des Speisewagens kommt und zieht ihn, mit den Händen gestikulierend, von meinem Abteil weg.
Zum Dank gehe ich kurz nach der Abfahrt in den Speisewagen. Ich bestelle Plov (Reiseintopf) und ein Bier. Kaum habe ich bestellt, gesellt sich ein junger, stark betrunkener Russe zu mir und labbert mich voll. Ich esse fertig und verziehe mich in mein Abteil. Beeilen muss ich mich nicht, denn die Fahrt im Zug Nr.7 dauert noch ca. 81 Stunden..

Zug Nr. 7, Moskau - Almaty

Kasachischer Zug

Moskau gefällt

Ich liege im 18. Stock eines riesigen Hotelkomplexes in einem Moskauer Vorort und werde von starken Kopfschmerzen und Nasenbluten geweckt.
Während ich mich zum Bad quäle um eine Schmerztablette zu nehmen und meine Nase zu reinigen, bemerke ich, dass der Himmel im Horizont feuerrot ist. Einen solchen Sonnenaufgang habe ich noch nie gesehen, oder zumindest kann ich mich nicht mehr daran erinnern, was vermutlich eher der Fall sein wird. In einem glühenden orange/rot zeichnet sich die Silhouette der Stadt ab. Moskau begrüsst mich freundlich.
Das Morgenrot kündigt aber auch einen kalten Tag an, das Thermometer wird den ganzen Tag die -6 Grad-Marke überschreiten. Zudem schneit es ständig ein wenig.

Ich mache die Dinge, die Touristen halt machen, wenn sie Touristen in Moskau sind. Ich besuche in den 2 Tagen den roten Platz, die Basilius-Kathedrale, Kreml, Bolschoi-Theater, einen Lebensmittelmarkt und und und...

Moskau gefällt – nicht nur wegen der Sehenswürdigkeiten, sondern hauptsächliche wegen des kosmopolitischen Flair, welches die Stadt umgibt. Russland ist bekanntlich ein riesiges Land mit zig ethnischen Gruppen und so gibt sich auch Moskau. Ich bin mit der Einstellung nach Moskau gefahren, dass es teuer und gefährlich ist. Ich habe es nicht als extrem teuer empfunden und ich habe mich nie unsicher gefühlt. Im Gegenteil – die Menschen lassen z.B. ihr Gepäck stehen um kurz ein einen Blick auf ein Schaufenster zu werfen oder halten, das eben vom Bankomaten bezogene Geld, noch Minuten in der Hand. Ich habe auch keine Nazis, Jugendgangs oder Betrunkene gesehen. Auch der legendären GTA-Gang bin ich, zum Glück, nicht über den Weg gelaufen.
Ich glaube eine der grössten Gefahren ist der Strassenverkehr. Selbsternannte Formel 1 Piloten machen die Strassen Moskaus zu ihrer privaten Rennbahn. Ein Überqueren der Strasse stellt teilweise ein gefährliches Unterfangen dar.

Die Menschen habe ich nicht kennengelernt. Slawen kann man nicht in 2 Tagen kennenlernen. Sie sind eher unterkühlt, zum Teil auch abweisend – hat man das Eis aber durchbrochen, gehören sie zu den freundlichsten und hilfsbereitesten Menschen überhaupt. Wer schon deren Gastfreundschaft geniessen durfte, weiss wovon ich schreibe. Zudem liebe ich die Melancholie, welche einen grossen Teil der slawischen Mentalität ausmacht.

Ich für meinen Teil reise jetzt weiter in Richtung Osten. 2 Tage Moskau waren definitiv zu wenig, aber vermutlich werde ich dies von jeder meiner Zwischenhalte schreiben...

Moskau begrüsst mich freundlich

Moskauer Altstadt


Kremlmauer

Bolschoi-Theater

Basilius-Kathedrale

meine erste Bortsch-Suppe

Metro in Moskau...

...als ob ein Zug direkt durch ein Schloss fahren würde.


Sonntag, 16. November 2014

Ivan der Stinkende ist zurück und wir kommen pünktlich in Moskau an

In Brest, der ersten grösseren Stadt in Weissrussland, wird das mitteleuropäische Fahrwerk der Waggons in einer Werkhalle aus- und ein russisches eingebaut. Russland und auch Weissrussland hat eine andere Spurweite als wir in Westeuropa.
Nach dem Umbau fahren wir wieder in den Brestener Hauptbahnhof ein und wer steht da..?
Ivan der Stinkende!
Der Umbau hat ca. 3 Std. gedauert - Zeit genug also, für Ivan seine Problemchen zu regeln und wieder dem Zug zu zusteigen...
Auf den Schreck und meinem knurrenden Magen zuliebe kaufe ich mir bei einer Babuschka eine Portion Kartoffelpuffer.

Die weitere Fahrt führt durch Birkenwälder und an abgelegenen kleineren Ortschaften (abgesehen von Minsk) vorbei. Wie sehr die Schweiz verbaut ist, macht sich jetzt um so mehr bemerkbar. Zwischen durch schaue ich ein paar Serien im Lap und geniesse es einfach unterwegs zu sein.

Zwischenzeitlich, so wird mir durch Ivan mitgeteilt, hat man auch wieder einen Speisewagen an den Zug gehängt. Speisewagen ist jedoch übertrieben – die Hälfte eines Waggons wurde zu einem solchen umgebaut und bietet 2 Tische zur Verköstigung an. Alles ist noch hübsch im alten Sowjetunion-Style. Ich bestelle Rindssuppe, Würstchen und Salat, wobei besonders die Suppe sehr lecker ist. Dazu gibts echtes russisches Pivo, namens Tuborg (so zumindest wird es mir als russisch verkauft).

Mittlerweilen sind wie bereits in Russland und ich wundere mich weshalb es keine Zollkontrolle gibt. Mir wird erklärt, dass Weissrussland, Russland und Kasachstan ein Zollbündnis haben und es in diesen Ländern keine Kontrollen mehr gibt. Ah ok, und für was habe ich meine teuren Visen besorgt, wenn's eh keiner anschaut? Die nächste Zollkontrolle werde ich also in China haben – doch das geht noch eine Weile, denn ich bin erst kurz vor Moskau.

Was aus Ivan geworden ist? Ich hab ihn falsch eingeschätzt - er zeigt si h besorgt um mich und erklärt mir, dass ich Kasachstan vorsichtig sein muss, da dort eine Hauptader des Afghanistan Heroines sei. Ich beruhige ihn und versuche ihm zu erklären, dass ich stets vorsichtig bin,
Zu guter Letzt besorgt mir Ivan sogar noch ein günstiges Taxi in Moskau, wo wir pünktlich um 23.00 Uhr ankommen.

Unser Zug



Ivan der Stinkende
Pünktliche Ankunft in Moskau um 2300h

Grenzübertritt nach Weissrussland und eine Russe der nicht mehr lacht

Um 04.30 Uhr werden wir unsanft vom Zugbegleiter geweckt. Er macht uns auf den bevorstehenden Grenzübertritt nach Weissrussland aufmerksam. Während dieser Zeit, rund 3 Stunden (!), werden die Toiletten verriegelt und können nicht mehr verwendet werden.
Im zuvor ruhigen Waggon herrscht jetzt plötzlich ein munteres Treiben.

Der polnische Beamte muss meinen Pass mehrfach scannen, bevor ich ihn wieder zurück erhalte. Dies scheint Ivan bestens zu amüsieren. Hat er kurz zuvor schon Witze über meinen Pass gemacht, meint er jetzt lachend, dass ich bei weissrussischen Zöllner besser gleich 100 Euro in den Pass legen soll – da lacht er noch der Russe.

Jetzt besteigen die weissrussischen Grenzpolizisten den Waggon. Die Pässe werden eingesammelt und ich muss eine Ein-/Ausreisedeklaration ausfüllen. Kurz darauf werden uns die Pässe zurück gegeben. Na also, geht ja auch ohne 'Zusatzgebühr'...
Als nächstes ist der Beamte des Zoll's an der Reihe. Mein Gepäck ist äusserlich schnell kontrolliert und nun ist der Fokus der Beamten voll und ganz auf Ivan und seinen, grossen, mitgeführten und gut verpackten Karton gerichtet. Es wird heftig diskutiert und Ivan wird zunehmend stiller. Ich entnehme dem Gespräch, dass es irgendwie um das Gewicht des Inhaltes des Kartons gehen muss. Jetzt wird klar, Ivan hat ausgelacht-er erhält seinen Fahrschein zurück und muss samt Karton die Beamten begleiten. Obwohl ich dies niemanden gönne, kann ich mir ein inneres Schmunzeln nicht verkneifen,,,

Pfiati Österreich - Добрый день Россия!

Michelle und ich verabschieden uns von der Mama/Omi in Stainz. Eine schöne, erholsame Woche haben wir hier verbracht. Ein guter Einstieg in die Reise, jetzt soll es aber weiter gehen. Bislang war alles vertraut, jetzt aber wartet das Unbekannte und das Neue.
Ich bringe Michelle zum direkten Zug nach Zürich, wo wir uns ebenfalls verabschieden. Keine 30 Minuten später sitze ich im Railjet in Wien. Ich war schon ein paar Mal in Wien und trotzdem muss ich die 4 Stunden bis zur Abfahrt meines Anschlusszuges nach Moskau irgendwie 'durchbringen'. Ich entscheide mich für den Tiergarten Schönbrunn, den ältesten Zoo der Welt. Ebenso wurde er mehrfach zum besten seiner Sparte in Europa gewählt. Und was ich sehe gefällt mir-vor allem die Regenwaldhalle Borneo.

Zug Nr.D100 fährt pünktlich im Bahnhof Wien Meidling ein und schnell verschwinde ich in einem der modernen und luxuriösen Zweierabteil. Da es sich um einen reinen Schlafwagenzug handelt, gab es leider nur diese Klasse zu buchen. Was sich auch im Reisebudget bemerkbar macht. 300 Euronen verschlingt die Fahrt – der Flug hätte rund 120 gekostet...
Kurz danach erhalte ich Gesellschaft in Form eines ca. 55 jährigen Russen. Er riecht stark nach Alkohol und seine Socken nach bereits mehrtägiger Reise. Er redet viel – meist mit sich selber. Ich nenne ihn fiktiv Ivan und beobachte den kurrligen Kauz ein wenig.

In Breclav (Tschechien) wird noch ein Speisewagen angehängt, welchen ich natürlich nicht verwaisen lassen möchte. So politisiere ich, bei Mikrowellengulasch und bitterem tschechischen Bier, mit einer alten, witzigen Servicefachkraft über die Pyramide des Kapital und dass immer mehr Züge aufgrund der Rentabilität gestrichen werden und langsam unweigerlich dem Flugzeug weichen müssen.
Genau solche kleinen Smalltalks mit Reisenden oder Angestellten machen diese Reise für mich so wertvoll. Das Reisen besteht nicht nur aus Sehenswürdigkeiten besuchen, sondern auch, zu versuchen, einen kleinen Einblick in den Alltag anderer Menschen zu gewinnen.
Wien

Schloss Schönbrunn
Los geht's

Mittwoch, 12. November 2014

Gemeinsamer Vater/Tochter-Tättowiertag

Wir fahren nach Maribor in Slowenien,welches nur rund eine Stunde von Stainz entfernt liegt. Der Grund der Reise ist nicht das schmucke Städtchen, sondern Marko. Marko ist seit 25 Jahren Tättowierer und wird der Hauptakteur am heutigen, bereits 3. Vater/Tochter-Tättowiertag sein. Zuerst plaudert man mit Marko über Gott und die Welt um sich im Anschluss von ihm, begleitet mit ohrenbetäubenden Deathmetal, Schmerzen bereiten zu lassen...Sachen gibts!




Dienstag, 11. November 2014

Nervige Visen und wie ich Vladimir Putin über den Tisch gezogen habe

So bereichernd das Reisen ist, so nervtötend ist meist die administrative Vorarbeit-sprich die Visumbeantragung. Oftmals habe ich das Gefühl, dass dieser bürokratische Amtsschimmel nur existiert, um Herrscharen von Beamten mit künstlich generierter Arbeit zu versorgen. Für Beamte von, für das Weltgeschehen eher weniger wichtiger Länder, ist es zudem ein Machtinstrument-quasi ein Gott über Einreise oder eben nicht.
In der Kasachischen Botschaft hat sich der Konsul mit mir an einen Tisch gesetzt und mich über die Gründe meiner Reise nach Kasachstan unterhalten-das hatte schon eine bestimmte Gewichtigkeit. Ich habe mich vor dem Gespräch sogar rasiert.. ;-)
Bei anderen Ländern ist das Visum meist nur eine willkommene Einnahmequelle und nur noch eine Alibiübung. So z.B. China. Für die Einreise in China ist zwingend eine erste Hotelbuchung erforderlich..für was das nötig ist, weiss niemand-auch auf dem Konsulat  nicht, aber es ist halt eine Voraussetzung für`s Visum. So buche ich in der Stadt, in welcher ich in China einreise, ein Bett in einem 10-Betten Schlafsaal für eine Nacht. Der Preis liegt bei rund 8 US-Dollar. Und wenn ich bei hostelworld.com buche, brauche ich nur eine Anzahlung von 10% des Zimmerpreises im voraus zu bezahlen. Also überweise ich 0.80 US-Dollar per Kreditkarte und erhalte zwei Tage später mein Visum-so funktioniert halt die Bürokratie. Eines ist sicher..ich werde das Bett definitiv niemals aus der Nähe sehen....
Ein ebenfalls spezieller Fall ist Russland. Nach Russland kann man nur reisen wenn von jemanden im Land eingeladen wird-entweder von einer Privatperson oder einem Hotel. Aber wer von uns ist schon mal von einem Hotel im Ausland eingeladen worden?  Also besteht der Clou darin, sich ein Hotel zu buchen. Dieses lädt den Gast mittels Voucher nachträglich ein. Und mit dieser Einladung kann man dann das Visum beantragen-absolut nicht bürokratisch oder kompliziert...:-)) Aber ganz so einfach ist es doch nicht ganz. Ich buche 2 Nächte in einem Hotel in Moskau und plane dannach mit dem Zug direkt nach Kasachstan zu reisen. Das Hotel lädt mich für die 2 Tage des Aufenthaltes ein....aber wer lädt mich für die Zeit im Zug ein, welche ich von Moskau bis zur Kasachischen Grenze verbringe, ein? Das Bahnunternehmen machts nicht und so wird mir mitgeteilt, dass ich nur ein Visum für meine beiden Hoteltage erhalte. Und jetzt kommen wieder die Schlafsäle zum Zug...mittlerweilen liebe ich diese Schlafsäle, in welchen ich in meinen jüngeren Jahren manche  Nacht verbracht habe. Wer ahnts nicht...ich buche 6 Nächten eine Bett eines Schlafsaales in einem Hostel, welches mich wiederum nach Russland einlädt-Danke! Kurz darauf erhalte ich tatsächlich mein russisches Visum. Das Tolle daran ist, dass ich bei booking.com bis kurz vor der Anreise die Buchung kostenlos stornieren kann, was ich natürlich auch mache. Ich habe den mächtigsten Mann der Erde, Vladimir Putin, mittels einem Hosteltrick, welchen sicher bereits zig Millionen von Reisenden angewendet haben, locker über den Tisch gezogen... ;-)



Freitag, 7. November 2014

Nur noch 12'000 Kilometer bis nach Bangkok...

Michelle,welche mich nach Oesterreich begleitet, und ich sitzen im Zug Nr. 465 und warten auf die Abfahrt in Zürich HB. Die ersten Kilometer sind geschafft. Winterthur - Zürich, 25 S-Bahn Kilometer-der wohl mit Abstand unspektakulärste Teil der Reise ist somit passé. Nun warten noch ca. 12'000 Kilometer, in schätzungsweise 9 verschiedenen Zügen auf mich. 9 Züge ist eigentlich gar nicht so viel. Mit etwas Pech benötigt man mit der SBB von Winterthur nach Neuchâtel 9 Züge. Unsere erste Station wird die Steiermark, genauer gesagt Stainz, sein. Das ist kein, vor Sehenswürdigkeiten strotzender, Ort, jedoch für uns dennoch von Wichtigkeit-denn meine Mutter, also demnach Michelles Grossmutter, lebt dort. Genau, meine Eltern sind/waren Oesterreicher. Da ich erst mit 11 Jahren in der Schweiz eingebürgert wurde, bin ich also ein klassischer Fall eines'Papierlischwiizers'.. Und da ich/wir schon in Richtung Osten fahren, liegt ein Besuch bei Omi auf der Hand. Wir werden ca. 1 Woche bei ihr verweilen und uns mit Speis und Trank verköstigen lassen, bevor es dann definitiv in slawische Gefilde geht.


Sonntag, 2. November 2014

Visum verweigert - Reiseroute steht trotzdem fest

In ein paar Tagen geht die Reise los. Eigentlich war meine Absicht via der Türkei, dem Iran, Turkmenistan und Usbekistan nach Kasachstan zu reisen. Die Rechnung habe ich aber ohne die äusserst pflichtbewussten Turkmenischen Beamten gemacht. Ein Touristenvisum ist mir aufgrund der anfallenden Kosten zu teuer. Turkmenistan ist leider immer noch eine Diktatur und verlangt, dass man während des Aufenthaltes mit einem Touristenvisum von Regierungsbeamten ständig begleitet wird. Diesen muss man über ein lokales Reisebüro buchen, was immens teuer ist und Transitvisum wird mir verweigert, da ich das genaue Einreisedatum nicht angeben kann. Das Alternativprogramm via Afghanistan scheint nicht sonderlich attraktiv. Also muss ich ungewollt den Weg über Russland nach Kasachstan nehmen-zwar etwas weniger orientalisch, jedoch nicht minder interessant.